Heian Katas Ura – spiegelbildlich trainieren

Ura ist Programm. Aber wieso sollten Heian Katas spiegelbildlich trainiert werden? Birgt die spiegelbildliche Ausführung mehr als die bekannten Abläufe der Heian Katas?

Aus gesundheitstechnischen Aspekten sollen beide Körperseiten immer gleichermaßen trainiert werden. Karate eignet sich hierfür hervorragend. In den Heian Katas werden bereits viele Bewegungen auch spiegelbildlich trainiert. Manche Bewegungen, wie beispielsweise der Tettsui-Uchi in der Kata Heian Shodan, werden allerdings nur mit einer Seite ausgeführt. Katas spiegelbildlich zu laufen schließt diese Lücke.

Aus vielen Ausgangspositionen ergibt sich beim spiegelbildlichen Durchlaufen der Kata die nächste Bewegung. Aber es gibt auch Ausgangspositionen, welche die nächste Bewegung mit beiden Seiten zulassen. Insbesondere trifft dies auf Ausgangspositionen mit symmetrischen Anteilen zu. Um nicht unbewusst in die normale Form zu wechseln, ist es nötig den antrainierten Automatismus zu domptieren. Zudem ist an der ein oder anderen Stelle der eigentlich wohl bekannten Kata die Überlegung nötig, wie es denn überhaupt weiter geht. Hier hilft es den bekannten Ablauf zu rekapitulieren und spiegelbildlich zu übertragen.

025 Hirokazu Kanazawa spiegelbildlich (ura) in Heian Kata
Hirokazu Kanazawa mit seinem
Spiegelbild in Heian Nidan.

Spiegelbildlich ausgeführte Bewegungen können eine überraschend große koordinative Herausforderung darstellen, wenn sie bisher ausschließlich einseitig trainiert wurden. So kann es passieren, dass insbesondere komplexere Bewegungsabläufe neu erlernt werden müssen. Wie schnell die neuen Bewegungen umgesetzt werden können, hängt maßgeblich von den individuellen koordinativen Fähigkeiten ab. Nicht verwunderlich ist, dass die spiegelbildliche Ausführung der Oberstufe leichter fällt als der Unterstufe. Potentiell herausfordernde Stellen der Heian Katas sind nachfolgend je Kata beschrieben.

  • Relativ leicht fallen dürfte die Kata Heian Shodan in spiegelbildlicher Ausführung. Die Drehungen um 180 Grad, insbesondere aber um 270 Grad, stellen dabei die schwierigste Stelle dar und können zu einem Moment der Unsicherheit führen. Durch die spiegelbildliche Ausführung dient nun nicht mehr wie gewohnt das rechte, sondern das linke Bein als Drehpunkt.
  • Auch die Kata Heian Nidan ist meist noch problemlos zu bewältigen. Die ungewohnte Drehungen um das linke Bein sind nun bereits aus der Kata Heian Shodan bekannt. Somit verbleiben als kritische Stellen noch die Änderung der Ausrichtung mit Ausführung des ersten Gyaku-Uchi-Uke, sowie evtl. die Yoko-Geri Stelle am Anfang der Kata.
  • Heian Sandan Die Drehung über den Rücken mit Tettsui-Uchi in Kiba-Dachi stellt die erste kleine Herausforderung dar (ggf. Link auf KD-Artikel). Der erste Mikazuki-Geri startet aus einer symmetrischen Ausgangsstellung. Dies meint gleichermaßen Beine und Arme. Daher verleitet diese Ausgangsstellung dazu wie gewohnt mit dem rechten Bein zu beginnen. Es reicht sich dessen in diesem Moment bewusst zu sein, um nicht in den gewohnten Ablauf zu wechseln. Noch zu erwähnen ist am Ende der Kata er Wechsel von Zenkutsu-Dachi mit Oi-Zuki in Kiba-Dachi. Die Bewegung der Beine in spiegelbildlicher Ausführung kann ein Novum darstellen.
  • Heian Yondan Beim ersten Juji-Uke gilt es zu berücksichtigen, dass in der spiegelbildlichen Ausführung auch die Arme wechseln. Die mit Abstand herausforderndste Passage in Heian Yondan folgt nach dem zweiten Mae-Empi und endet mit Uraken in Kosa-Dachi. Nun wollen beide Arme gleichzeitig bewegt werden, während sich die Beine harmonisch in die Bewegung einfügen. Da diese spezifische Bewegungsfolge in der Kata, und zumeist auch im Karatetraining, nicht spiegelbildlich trainiert wird, kann es hilfreich sein, diese Passage isoliert einige Male zu wiederholen.
  • Ziemlich früh in der Kata Heian Godan ergibt sich die Fragestellung, ob der erste Morrote-Uke mit rechts oder links die richtige Wahl ist. Der Heisoku-Dachi verleitet dazu wie gewohnt mit rechts fortzufahren. Es ist beim ersten Mal aber auch nicht unwahrscheinlich, stattdessen ein Juji-Uke gewählt wird oder Zenkutsu-Dachi eine Bewegung zu früh zum Einsatz kommt. Mit der auf den ersten Kiai folgenden Bewegung schlägt wieder die Herausforderung der ungewohnten Drehung zu. Die letzte schwierige spiegelbildliche Passage beginnt mit dem Sprung. Mit der Landung in Kosa-Dachi sollte nun das linke Bein belastet sein. Nicht unwahrscheinlich ist es allerdings, dass wie gewohnt das rechte Bein das Gewicht trägt. Auch der folgende Wechsel in Zenkutsu-Dachi mit Linksauslage ergibt sich nicht zwingend.

 

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