Zeitlupenrandori: Die Wiederentdeckung der Langsamkeit
|Zeitlupenrandori stellt einen alternativen Ansatz dar Jiyu-Kumite zu trainieren. Zeitlupenrandori erlaubt trotz größtmöglicher Freiheit das gezielte Training ausgewählter Aspekte.
Um nicht vom angreifenden Partner getroffen zu werden, ist es nötig schnell zu blocken oder auszuweichen. Um den Partner zu treffen wird ein Angriff schnell ausgeführt. Weit verbreitet ist auch die Aufforderung die Techniken „schnell und stark“ auszuführen. An diesen Beispielen lässt sich erkennen, dass es im Karate oft darum geht eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Dies ist ein wichtiger, aber nicht der einzige Baustein im Karate.
Beim Jiyu-Kumite im Wettkampf sind beispielsweise der Umgang mit der Distanz zum Gegner, das Führen des Gegners, das Timing der eigenen Aktion, das Bewegen im Raum oder auch das Täuschen des Gegners wichtige Bausteine. Es dominiert aber die Geschwindigkeit. Bis zu einem gewissen Level reicht Geschwindigkeit aus, um im Shiai erfolgreich zu sein. Dies wird bei einer Standardaktion wie einem direkten Konter sichtbar. Es ist dem geübten Auge vorbehalten zu sehen, welcher Kämpfer mit seiner Technik zuerst im Ziel war. Folglich liegt insbesondere beim Training des Jiyu-Kumite der Fokus oft auf Geschwindigkeit.
Eine Übung die den entgegengesetzten Weg geht ist das Zeitlupenrandori. Wie der Name schon sagt, wird hier in niedriger Geschwindigkeit frei gekämpft. Wie schnell Zeitlupentempo genau ist, kann individuell ausgerichtet werden, solange sich die Geschwindigkeit deutlich von der schnellen Ausführung unterscheidet.
Das Zeitlupenrandori bringt einige Vorteile mit sich, bzw. bietet sich für das spezifische Training ausgewählter Aspekte an:
- Bei langsamen Bewegungen ohne Schwung wird die Muskulatur stärker bzw. anders belastet. Ein Beispiel hierfür ist der schnelle Abdruck bei einem Gleitschritt verglichen mit einem in Zeitlupe ausgeführten Gleitschritt, bei dem der Körperschwerpunkt jederzeit während der Bewegung kontrolliert geführt werden will.
- Zeitlupenrandori eignet sich gut dafür einen fließenden und entspannten Bewegungsfluss zu trainieren.
- Es ist möglich neue Bewegungen zu erproben. Dies können beispielsweise ungewohnte Angriffstechniken, Kombinationen oder eine veränderte Beinarbeit sein.
- Aufgrund der niedrigen Geschwindigkeit im Zeitlupenrandori kann daran gearbeitet werden automatisierte Reaktionen durch alternative, erwünschte Reaktionen zu ersetzen.
- Verletzungen können ausgeschlossen werden. Durch die niedrige Ausführungsgeschwindigkeit können unkontrollierte Treffer, Zusammenstöße oder Ähnliches vermieden werden.
Damit Zeitlupenrandori funktioniert, gibt es allerdings eine Voraussetzung: Es ist notwendig den Wettkampfgedanken bei dieser Übung vollständig abzulegen und miteinander zu arbeiten. Sobald ein Partner besser sein möchte, seinen Partner treffen will oder es vermeiden möchte selbst getroffen zu werden, funktioniert das Zeitlupenrandori nicht mehr. Und wenn sich beide Partner (nicht Gegner) darauf einlassen, macht es sogar Spaß.
Es kann passieren, dass beide Partner allmählich schneller werden. Sofern die Geschwindigkeit die gewünschte Grenze übersteigt hilft ein Abbruch und Neustart in der ursprünglichen Geschwindigkeit.
Foto: JPW.Peters / pixelio